Zeitgedicht
Tod - Schweiger
Ich war erschrocken,
sehr betroffen ,
als ich den Namen jenes Mörders
in der Zeitung sah.
Der Name sollte nie mehr fallen,
ich hatte ihn verdrängt, -
so ging ´s uns allen.
Nun steht er schwarz umrandet da
und trotzdem, kommt er viel zu nah .
Der Name steht!
Den Menschen wollten wir vergessen ,
ihn, der ohne Ende Leid gebracht,
wo es doch kein Vergessen gibt an jene Nacht.
Ein Wundmal - ist uns eingebrannt,
hat sich in Körper, Seelen eingefressen.
Der Mensch war Nazi, schuldig, vom Wahn besessen,
wir lebten mit ihm Wand an Wand.
Mein David war der Erste, der von ihm den Stern bekam,
die Kinder glaubten sie bekämen Orden,
er gab den „Fahrschein“, der sie mit nach Dachau nahm,
Entsetzliches ist ihnen dort zuteil geworden.
Sie fuhren in die Hölle ein, tief in ein einzig Seelenquälen,
kein Menschsein mehr, nur Nummernzählen,
hungern, schlagen, brennen, grausiges Ermorden.
Ich - lebe weiter mit den Toten.
Schreien möchte ich! Reden wäre hier geboten.
Ich soll vergeben, aber - wie?
Vergessen kann ich diese Schrecken - nie!
Ich höre noch die Züge fahren,
ich rufe Namen derer, die darinnen waren.
Sie fahren immer noch, ich höre, sehe, liebe sie!
Vergeben will ich, sag´ mir Einer - WIE ?
Anne Michel